Meine Tochter übt noch die Uhr lesen – und weiß doch, dass es unterschiedliche Zeitzonen gibt. Was für mich statisch an Minuten und Stunden gebunden, ist für sie schon jetzt relativ. Auch dank des Internets.
Maria ist von klein auf gewohnt, dass ihre Abuela in Mexiko in einer anderen Zeit lebt. Wenn wir abends per Skype anrufen, scheint bei ihr noch die Sonne durchs Fenster. Als Maria an Silvester – dem Geburtstag der Zeit - das Feuerwerk am Nachthimmel bestaunte, saß auf dem Stuhl neben ihr der Computer und darin die Oma im fernen Lateinamerika. Gemeinsam sahen sie die rot, grün und blau explodierenden Feuerblumen in Berlin. Für mich immer noch ein Wunder, für meine Siebenjährige normal. Mit Mühe konnte ich sie davon abhalten, sieben Stunden später auch in Mexiko das neue Jahr begrüßen zu wollen und sie vorher ins Bett bringen.
Wird das alles auf lange Sicht ihr Verhältnis zur Zeit ändern? Kinder haben, so mein Gefühl, sowieso ein ganz eigene Wahrnehmung davon. Während ich mir Erledigungen in meine freie Zeit packe und permanent mit einem leicht gehetzten Blick auf die Uhr lebe, ist sie davon noch relativ frei. Als ich sie am Ende der Ferien fragte, warum sie nicht mit ihrem Tablet gespielt oder ihren Loomgummis gebastelt hatte, meinte sie völlig verblüfft: „Mama ich war doch beschäftigt. Das mach ich wieder, wenn Schule ist.“ Dass sie Weihnachten, Familie und Freunde als vollwertige „Beschäftigung“ wertet, hat mich glücklich gemacht - und auch nachdenklich.