Erwachsene, die auf Bildschirmchen starren. Telefone, die blitzend Momente zu Fotos einfrieren. Zeichentrick-Helden, die aus dem Süßigkeiten-Regal grüßen. Plakate, die sich am Straßenrand wie verzaubert selbst umblättern. Kleine Hände, die Bilder mit einem Wisch bewegen können. Freunde, die von Abenteuern im Tablet-Spieleland schwärmen.
Heute sind Kindheit und digitale Welt von Anbeginn miteinander verwoben. Laut der miniKIM-Studie 2014 wachsen fast alle Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren in Elternhäusern mit Fernseher, Computer, Radio und Handy auf.
Trotzdem hängt der frühkindlichen Medienerziehung noch immer das Stigma an, man wolle die Kleinen mit Gewalt aus dem Matsch ziehen und sie zu unglücklichen Nerds programmieren. Völliger Quatsch! Denn es geht darum, schon früh den Unterschied zwischen Realität und Medialität begreifbar zu machen. Die neuen Möglichkeiten zu zeigen, Neugierde zu wecken. Und dabei können die Kinder sogar weiter im Matsch spielen.
Natur, Bastelschere und Klebestift gehören genauso zur Medienerziehung wie Tablet, Aufnahmegerät und Fotokamera, das meint auch Prof. Dr. Gudrun Marci-Boehncke, Literaturwissenschaftlerin und Leiterinder Forschungsstelle Jugend – Medien – Bildung an der TU Dortmund. Bei der „3. Netzwerktagung Medienkompetenz Sachsen-Anhalt“ in Halle an der Saale berichtete sie gemeinsam mit Juliane Epp, Referentin für Jugendmedienschutz, wie Eltern und Erzieher Kindern spielerisch die digitale Welt näher bringen können.
Zum Beispiel mit Geräuscheraten. Beim gemeinsamen Ausflug oder im Haus werden verschiedene Geräusche aufgenommen. Später wird die Aufnahme abgespielt und die Kinder raten, was sie hören. Sie können auch noch vom „Geräuschmacher“ Fotos knipsen. Danach wird das Gehörte den Bildern zugeordnet. Und vielleicht eine Geschichte dazu ausgedacht. So begreifen die Kleinen, dass sie Medieninhalte selbst produzieren können– und trainieren das Zuhören.
Die Kinder können aber auch aus Stöcken, Blättern und Steinen Figuren basteln, diese fotografieren, sich eine Geschichte dazu ausdenken, Bilder malen und daraus ein Büchlein basteln. Oder die Figuren mit der Stop-Motion-Technik in einem kleinen Trickfilm oder einem Daumenkino zum Leben erwecken.
Und wenn es draußen wirklich zu kalt und zu nass ist, um im Matsch zu spielen, kann man sich gegenseitig nur die Augen fotografieren. Danach wird geraten, welches Kind sich hinter welchem Augenpaar-Foto verbirgt und verstanden, das jeder Mensch einzigartig ist. Dann können die Kinder um die Fotos herum neue Gesichter kreieren und erzählen, warum sie sich mit welchen Gefühlen gemalt haben.
Medienbildung heißt auch die Medien- und Konsumwelt Durchschauen lernen. Eine Möglichkeit dafür ist beispielsweise, identische Kekspackungen mit verschiedenen Zeichentrickhelden zu umkleben und die Päckchen als Preise gewinnen zu lassen. Danach gibt es sicher erst einmal Enttäuschung und Gespräche a la „aber ich wollte die Hello Kitty haben“. Dann kann man die „Ummantelung“ abmachen und die Kinder schmecken lassen, dass alle Kekse gleich sind.
Anregungen und Ideen finden Eltern und Erzieherinnen auch bei
- Kikanichen und Ene Mene Bu vom Kinderkanal
- Auditorix von der Initiative Hören e.V
- Bibernetz von der Stiftung Digitale Chancen
- in vielen öffentlichen Bibliotheken unter dem Kennenlern-Angebot "Pippilothek"
- und dem Blog abcund123
Mit unserer Tochter Maria haben wir uns schon früh damit auseinander gesetzt, warum Werbung unglücklich machen kann und sie manchmal schwindelt. Und warum Fotos nicht immer die Wahrheit zeigen.